Interview von Cornelia Rabitz mit Torsten Schreiber

Das erste Jahr Wasmuth-Gesellschaft ist herum: Welche Bilanz kann man ziehen?

TS: Die Idee zur Gründung eines Vereins, der sich des Wasmuth-Erbes annimmt, hatte ich schon lange. Den letzten Anstoß gab ein Konzert im Mai 2013 – das fand im ehemaligen Wohnhaus von Wasmuth statt, Michael Barenboim spielte. Danach sagte die bekannte Bad Godesberger Kunstmäzenin Irene Diederichs zu mir: „Worauf wartest du eigentlich noch? Lass uns loslegen!“

Vor gut einem Jahr hat sich dann ein Kreis von engagierten, interessierten Menschen zusammengefunden, darunter das Ehepaar Gundelach, Pater Friedhelm Mennekes sowie Stefania Adomeit. Wir alle wollten, dass das Erbe von JW nicht in Vergessenheit gerät, schließlich sind Wasmuths Ideen von Völkerverständigung, von der Förderung junger Musiker, von einem Künstlerbahnhof Rolandseck auch nach Wasmuths Tod und gerade heute aktuell. Wir haben also die Gesellschaft gegründet und dann gleich eine ganze Reihe von Veranstaltungen organisiert, Konzerte, Workshops, Benefizveranstaltungen.

Derzeit haben wir schon 90 Mitglieder – plus einige prominente Ehrenmitglieder wie Martha Argerich, Elisabeth Leonskaja, Guy Braunstein, Ohad Ben Ari sowie Daniel und Michael Barenboim. Der amerikanische Architekt Richard Meier – der das Arp-Museum gebaut hat – hat die Ehrenmitgliedschaft angenommen, sie wird ihm in diesem Jahr offiziell verliehen.

Woher kommen diese Mitglieder, wer interessiert sich heute für Johannes Wasmuth und sein Erbe?

TS: Das sind Leute, die ihn noch persönlich kannten und bis heute als großen Kunstförderer und Musikmanager schätzen, es sind Menschen darunter, die die Musiktradition in Rolandseck bewahren wollen, junge Künstler unterstützen möchten und hinzu kommen solche, die das Projekt im alten Rheinhotel Bellevue interessant und förderungswürdig finden.

Was ist eigentlich das Besondere an der Wasmuth-Gesellschaft, was zeichnet sie aus, unterscheidet sie vielleicht von anderen, ähnlichen Initiativen? S

TS: Sie lebt vom ganz persönlichen Engagement vieler Menschen, die sich kümmern. Die für die Künstler kochen und backen, ausländische Gäste persönlich betreuen, vom Flughafen abholen, sie herumfahren. Unsere Mitglieder bereiten im Hotel Bellevue den Raum vor für die Konzerte, sie kommen mit Putzeimer und Staubsauger, sie spenden Geschirr, stiften Wein, verschicken Einladungen und Programme. Sie sind im besten Sinne die spirituellen Erben von Johannes Wasmuth.

Stichwort Rheinhotel Bellevue: Es gab im Jahr 2014 die erwähnten Veranstaltungen dort, wie soll es dieses Jahr weitergehen?

TS: Wir brauchen nicht nur eine Lobby, um sein Vermächtnis zu pflegen und zu erhalten, wir brauchen auch einen Ort. Da ist zunächst einmal Rolandseck – das Arp-Museum – als Musikstandort aber auch das alte Hotel Rheingold, in privatem Besitz, das uns wegen seiner Lage, der Geschichte und der Möglichkeiten, die es bietet als geeignet erschien. Wir haben es 2014 für einige Monate mieten können, die einstige Hotelhalle mit Hilfe vieler Vereinsmitglieder gesäubert und hergerichtet, es wurde ein Gerüst eingezogen, denn das Gebäude ist doch recht baufällig und dann haben wir losgelegt:

Klavierabende, Auftritte von Kammermusik-Ensembles, eine Summer School für junge Talente aus Ramallah, die uns Daniel Barenboim vermittelte – den ganzen Sommer über war etwas los. Auch auf der Wiese zum Rhein hin, die wir nutzen durften. Während des Rolandseck-Musikfestivals im Juli 2014 diente das Hotel den Musikern als Aufenthalts-und Probenraum, das kam bei allen sehr gut an. Unsere Gäste haben den Raum quasi für sich adoptiert.

Der alte Hotelbau ist mehr als nur ein origineller Veranstaltungsort, er ist auch Raum fürs Soziale, für Kontakte und Begegnungen gewesen. Das wollen wir fortsetzen.

Dabei soll es ja nicht bleiben – Ihr Traum ist ja, die obere Hoteletage zu Künstler-Appartments auszubauen. Eine Wohnung nebenan wurde ja bereits hergestellt.

TS: Ja, das war eine tolle Sache, wir haben schon sehr früh eine Wohnung mieten können für ein Artist-in-Residence-Programm. Und wir haben auch rasch die erste Stipendiatin gefunden, Myriam Farid, eine Pianistin mit ägyptischen Wurzeln, die in Kanada lebt und sich in der „Wasmuth-Wohnung“ seit einem guten Jahr aufhält. Sie kann dort üben, sie gibt Konzerte und Recitals.

Sie haben die Villa Wasmuth, das ehemalige Wohnhaus des Mäzens, erwähnt. Dieses Haus gehört aber nicht zur Wasmuth-Gesellschaft. Warum eigentlich?

TS: Nein, die Villa wird durch das Beethovenhaus genutzt. Hierzu muss man wissen, dass sein materielles Erbe – seine Sammlung, das Haus – vom Arp-Verein verwaltet wird. Dieser hat die Villa dem Beethovenhaus überlassen, obwohl es meines Wissens keine enge Verbindung von Wasmuth zum Beethovenhaus gab.

Martha Argerich hat in einem Brief zusammengefasst, was eine Nutzung im Sinne Wasmuths bedeuten koennte. Ich hatte selbst vor längerem mehrmals Interesse an der Villa bekundet, leider bin ich auf taube Ohren gestoßen. Ich wünsche mir aber mit vielen Vereinsmitgliedern hier eine einvernehmliche Lösung, möglicherweise in Kooperation mit dem Beethovenhaus, die bislang bedauerlicherweise nicht zu Stande gekommen ist. Ebenso verfügte Wasmuth testamentarisch eine Stiftung für junge vor allem jüdische Musiker . Hier wären wir dem Erbnehmer, dem Arp Verein, gerne bei der Stiftungsarbeit behilflich.

Wie soll es nun weitergehen, was sind die Pläne für 2015 und vielleicht darüber hinaus?

TS:  Konzerte und Veranstaltungen, Workshops und Beethoven Summer School stehen auch weiter auf unserer Agenda. In den ersten Monaten dieses Jahres bieten wir eine Reihe von Kulturgesprächen zu aktuellen Themen an. (Link: Termine und Themen hier). Es gibt eine Reihe prominenter Künstler, die uns unterstützen wollen. Auch das Rheinhotel Bellevue können wir für die Sommermonate wieder mieten. Alles hängt nun davon ab, wie es mit dem Musikprogramm in Rolandseck generell weiter geht. Das Arp-Museum, wo die Musik ja bislang angesiedelt war, soll sich künftig ausschließlich auf die Bildende Kunst konzentrieren. Die Musik soll komplett in die Verantwortung der Wasmuth-Gesellschaft überführt werden. Das ist für uns natürlich eine Herausforderung.

Fragen der zukünftigen Struktur, der Organisation und vor allem der Finanzierung werden derzeit beraten und verhandelt.

Die Fragen stellte Cornelia Rabitz

Foto © Marie Zimmermann